Die Auswirkungen der Steuersatzänderung ab 01.07.2020
Die Auswirkungen der Steuersatzänderung ab 01.07.2020
Der Koalitionsausschuss hat sich am 03.06.2020 auf ein umfangreiches Konjunktur-und Zukunftspaket mit vielen steuerlichen Maßnahmen verständigt.
Mit dem Konjunktur-und Krisenbewältigungspaket soll laut dem Beschlusspapier vom 03.06.2020 die Konjunktur gestärkt und die Wirtschaftskraft Deutschlands entfesselt werden. Eine zentrale Maßnahme des Pakets ist eine befristete Senkung der Mehrwertsteuer. Vom 01.07.2020 bis zum 31.12.2020 soll der Mehrwertsteuersatz von 19 % auf 16 % und für den ermäßigten Satz von 7 % auf 5 % gesenkt werden.
Die Senkung der Steuersätze gilt erst, wenn sie parlamentarisch beschlossen ist. Allerdings ist es höchst wahrscheinlich, dass dies so kommen wird.
Nun stellt sich die Frage, wie Unternehmen und Händler mit dieser Steuersatzänderung umzugehen haben. Es folgt eine vereinfachte Übersicht:
Nimmt der Gesetzgeber eine Steuersatzänderung vor, so gilt nach § 27 Abs. 1 Satz 1 UStG der geänderte (neue) Steuersatz für die Umsätze, die nach dem Inkrafttreten der Änderungsvorschrift bewirkt werden. Im Grundsatz ist jeweils derjenige Steuersatz anwendbar, der im Zeitpunkt der Leistungsausführung maßgebend ist. Nicht der Zeitpunkt der Vereinbarung der Leistung, der Ausstellung der Rechnung oder der Entgeltsvereinnahmung ist entscheidend, sondern allein der sich aus § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a Satz 1 UStG ergebende Leistungszeitpunkt. Das gilt auch bei der Ist-Versteuerung.
Zu beachten ist allerdings, dass die Steuer erst mit Ablauf des maßgebenden Voranmeldungszeitraums, in dem die Leistung bewirkt wird, den Finanzbehörden gegenüber anzumelden ist. Damit kommt de facto auch erst zu diesem Zeitpunkt der jeweils neue Steuersatz zur Anwendung.
Grundsätzlich ist es dem Unternehmer überlassen, ob er die Steuersatzsenkung zur Erhöhung seiner Marge benutzt oder an seinen Kunden (teilweise) weitergibt.
Beispiel: Die Senkung des Steuersatzes von 19 % auf 16 % tritt zum 01.07.2020 in Kraft. Der Unternehmer U liefert die Maschine M1 am 29.06.2020, die Maschine M2 am 03.07.2020. Die Bezahlung der Maschine M2 erfolgt noch am 29.06.2020.
Lösung: Die Maschine M1 ist mit 19 %, die Maschine M2 mit 16 % zu versteuern.
Abschlags-und Vorausrechnungen
Abschlags-bzw. Vorausrechnungen liegen vor, wenn das Entgelt bzw. Teile des Entgelts vereinnahmt werden, bevor die Leistung oder Teilleistung ausgeführt wird. Die Steuer entsteht mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums, in dem das (Teil-) Entgelt vereinnahmt wird.
Wird also die Lieferung / Leistung nach dem 30.06.2020 erbracht, das Entgelt bzw. Teile davon jedoch bereits vor dem 01.07.2020 vereinnahmt, dann kommen in Abschlags-und Endrechnung unterschiedliche Steuersätze zur Anwendung.
Im Hinblick auf Abschlagsrechnungen sind zwei Besonderheiten zu beachten:
1. Die Abschlagszahlungen sind in der Endrechnung zum Abzug zu bringen. Insbesondere ist also in der Endrechnung die in den Abschlagsrechnungen enthaltene Umsatzsteuer auszuweisen.
2. Die Abschlagsbeträgeunterliegen nur vorläufig dem alten Steuersatz. Erfolgt die End-abrechnung zum geänderten Steuersatz, wird die auf den Abschlagsbetrag entfallende Differenz nacherhoben. Abschlagsrechnungen sind insofern nicht mit Teilleistungsrechnungen gleichzusetzen.
Teilleistungen
Wird eine Teilleistung vor dem 01.07.2020 erbracht, dann unterliegt sie dem aktuellen Steuersatz von 19 %. Diese Belastung ist definitiv und wird auch nicht (anders als bei Abschlagsrechnungen) durch eine Endabrechnung korrigiert.
Bei Dauerleistungen, die vor Inkrafttreten der Steuersatzänderung begonnen, jedoch erst nach Inkrafttreten der Steuersatzänderung beendet werden, gilt der im Zeitpunkt der Beendigung maßgebliche Steuersatz. Soweit sich die Dauerleistung jedoch in Teilleistungen, sog. Teilzahlungsrechnungen, zergliedert, ist auf das Ende der einzelnen Teilleistungen abzustellen. Es gilt auch die zivilrechtliche Besonderheit im UStG zu beachten. Nach § 29 UStG hat der Leistungsempfänger bei längerfristigen Verträgen aufgrund der Steuersatzsenkung im Regelfall einen Ausgleichsanspruch.
Beispiel: Der Vermieter V vermietet Büroräume steuerpflichtig an den Mieter M. Die Miete beträgt monatlich insgesamt EUR 2000,00.
Lösung: Es liegen monatliche Teilleistungen vor. Somit unterliegen die Mieten für die Zeit bis Juni 2020 noch dem alten Steuersatz, während die Mieten für die Zeit ab Juli 2020 dem neuen Steuersatz unterliegen.
Zu beachten ist, dass bei Dauerrechnungen eine Änderung der Rechnung für Leistungen ab dem 01.07.2020 erfolgen muss. Enthält ein Vertrag (z.B. Mietvertrag) die Formulierung: „Nettobetrag zzgl. gesetzliche USt., derzeit 19%“ ist die Formulierung ausreichend, sofern nachträglich in einem Dokument die neuen Steuersätze erwähnt werden.